
Bernd Lange begann seinen Vortrag mit dem Hinweis, dass im Europäischen Parlament und im Ministerrat die konservativ-liberalen Kräfte die Mehrheit haben, und dass die EU-Gesetzgebung entsprechend liberal-konservativ ist. Er forderte eine sozial dominierte EU anstelle einer Markt-dominierten.
So müsse es einheitliche Arbeitnehmerrechte geben, damit nicht die Arbeitnehmer in einem Land gegen die in einem anderen ausgespielt werden können. Bernd Lange verdeutlichte dies am Beispiel der österreichischen Fleischindustrie, die sich aufgrund besserer Arbeitnehmergesetze nicht mehr gegen die Konkurrenz aus Deutschland wehren kann, wo bekanntlich osteuropäische Arbeitnehmer mit Hilfe von Werkverträgen zu extrem niedrigen Stundensätzen beschäftigt werden.
Weiterhin sprach Bernd Lange sich klar dafür aus, dass die Daseinsvorsorge weiterhin in der öffentlichen Hand bleiben müsse. Als Beispiele nannte er den ÖPNV, Rettungsdienste und vor allem die Wasserversorgung. So sei in Großbritannien nach der Privatisierung der Wasserversorgung der Preis innerhalb von 5 Jahren um 100% gestiegen während gleichzeitig das Netz verfiel und 20.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren haben. Die Sozialdemokraten im EU-Parlament haben durchgesetzt, dass die Wasserversorgung in der EU weiterhin in der öffentlichen Hand bleiben kann. Es braucht andere Mehrheiten im EU Parlament um die Daseinsvorsorge zu schützen und in der öffentlichen Hand zu lassen.
Als drittes nahm sich Bernd Lange der Finanzmarktregulierung an. Er verlangte, dass Banken sich wieder darauf beschränken sollten, die Wirtschaft mit Geld zu versorgen und beklagte, dass die Konservativen eine vernünftige Bankenaufsicht verhindern. Banken sollten aufgeteilt werden in Geschäftsbanken und in Investmentbanken. Diese Investmentbanken können dann spekulieren und im Falle des Misserfolgs auch bankrottgehen, ohne dass die Steuerzahler sie retten müssen. Konkret forderte Bernd Lange ein Verbot von Leerverkäufen und eine Insolvenzregelung für europäische Banken.
Im letzten Teil seiner Rede sprach Bernd Lange über die Notwendigkeit von Investitionen zur Belebung der Wirtschaft in den südeuropäischen Krisenstaaten. Über 50% Jugendarbeitslosigkeit könne niemanden kalt lassen und belege, dass reines Sparen nicht aus der Krise führen kann. Natürlich müssen strukturelle Probleme gelöst werden, aber gleichzeitig muss auch in die Jugend und in Beschäftigung investiert werden. Bernd Lange erinnerte daran, dass Deutschland nach 1949 mit Hilfe der Investitionen aus dem Marshallplan wieder auf die Beine kam und dass auf der Londoner Schuldenkonferenz 1953 auch Deutschland mal ein Teil seiner Schulden erlassen wurde, unter anderem auch von Griechenland, Italien, Spanien und Irland.
Abschließend unterstrich Bernd Lange, wie wichtig die Europawahlen seien. 70% der uns betreffenden Gesetze kommen aus Brüssel. Und wenn wir wollen, dass in Europa eine sozialere Politik gemacht wird, brauchen wir dort andere Mehrheiten. Gleichzeitig wird mit dieser Wahl entschieden, wer der nächste Präsident der Europäischen Kommission wird. Bei entsprechendem Wahlausgang könnte der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz in dieses Amt gewählt werden.
Frank Busse